A
ARS ANTIQUA
Zwei anonyme Motetten
1 - Marie assumptio ~ Huius chori [3:11]
Hymnus auf Mariä Himmelfahrt
2 Blockflöten, Psalterium, Fiedel, Dulcian
2 - L'autrier m'esbatoie ~ Demenant grant joie [2:10]
Erzählt von der Liebe zwischen Robin und Marion
Schoßharfe, Baßflöte
3 - Estampie (anonym) [1:43]
Blockflöte, Quartfiedel, Röhrentrommel, Schellentrommel
Sieben anonyme Motetten
4 - Trois serors ~ Trois serors ~ Trois serors (aus dem Kodex Montpellier Nr. 27) [3:13]
Drei Schwestern singen vor ihrer Liebe: die älteste bereits enttäuscht, die mittlere frischverliebt, die jüngste noch ahnungslos
Blockflöte, Fiedel, Tenorgambe, Dulcian, Knickhalslaute
5 - Dame bele ~ Fi, mari ~ Nus n'iert [2:54]
Über dem Rondeau "Nur Liebe macht schön" erklingen eine Liebesklage und das zynische Geständnis einer unglücklich verheiraten Frau
Blockflöte, Fiedel, Dulcian
6 - S'on me regarde ~ Prennés i garde ~ He, mi enfant [0:59]
Blockflöte, Fiedel, Schoßharfe
7 - O Maria virgo ~ O Maria, maris stella (aus dem Kodex Montpellier Nr. 52) [3:01]
Hymnus auf die Gottesmutter
Knickhalslaute, Tenorgambe, Dulcian
8 - Que ferai ~ Ne puet faillir [1:20]
Kombiniert eine Liebesklage mit einem begeisterten Lob des Liebens
Schalmei, Fiedel, Altdulcian, Schoßharfe
9 - On parole ~ A Paris ~ Frese nouvele [2:02]
Über den Rufen der Straßenhändler ertönt das Lob der Stadt Paris und seiner Frauen
10 - Dieus, de chanter ~ Chant d'oisiaus (aus dem Kodex Montpellier Nr. 87) [2:12]
Ein Mann und eine Frau offenbaren ihre Liebe
Blockflöte, Diskantgambe, Dulcian
Adam de la HALLE (1237?-1288?)
Eine Motette und zwei Rondeaux
11 - Entre Adan ~ Chief bien seantz [1:44]
Blockflöte, Fiedel, Schoßharfe
12 - Tant con je virai [2:34]
Solange ich lebe, wird meine ganze Liebe Euch gehören
Blockflöte, Fiedel, Schoßharfe, Tenorgambe, Glockenspiel
13 - Or est Baiars [1:00]
Adam besingt sein Pferd, das ein Eisen verloren hat
Krummhorn, Schellentrommel
B
ARS NOVA
14 - Estampie (anonym) [2:26]
Blockflöte, Fiedel, Dulcian, Glockenspiel, Zimbeln, Schellentrommel, Glocke
Zwei anonyme Motetten
15 - Colla jugo ~ Bona condit [2:40]
Verhöhnung der höfischen Gepflogenheiten und Preis ungebundenen Lebens
Blockflöte, Posaune alter Mensur, 2 Tenorgamben, Schoßharfe
16 - O Philippe ~ O bone dux (aus dem Kodex Ivrea Nr. 1) [3:30]
Fiedel, Blockflöte, Drehleier, Posaune alter Mensur
Guillaume de MACHAUT (um 1300-1377)
17 - Martyrium gemma ~ Diligenter [3:07]
Hymnus auf den Hl. Quintinus, Motette
Blockflöte, Diskantgambe, Dulcian
18 - Ne celle amour (anonyme Ballade) [5:20]
Eine zärtliche Liebeserklärung, deren Beginn und Ende einer Motette entnommen sind
Blockflöte, Fiedel
19 - Ma tredol rosignol ~ Aluette ~ Rosignolet (Doppelvirelai, vielleicht von Borlet) [1:43]
Verschiedene Vögel werden gebeten, Liebesbotschaften zu überbringen, während in dem Refrain, der als Tenor fungiert, die Nachtigall aufgefordert wird, dem Eifersüchtigen Unglück zu bringen
Schoßharfe, Röhrentrommel, Zimbeln
Jacob de SENLECHES (14. Jh.)
20 - Fuions de ci [6:39]
Ballade anläßlich des Todes der Eleonore von Aragon, 1382: "Laß uns fliehen von hier, arme Gefährtin. Beraubt sind wir unseres Schutzes und unseres Vorbildes"
Schoßharfe, Gambe, Fiedel, Baßdulcian
Jean VAILLANT (14. Jh.)
21 - Par maintes foys [2:48]
Virelai
Krummhorn, Fiedel, Dulcian
22 - Der may mit lieber zal [1:57]
Reduzierte Fassung mit dem Text von Oswald von Wolkenstein
Psalterium, Schoßharfe
Musica Mensurata
Olaf Raitzig
Ute Schimmelpfennig · Sopran (#1, 2, 4, 5, 8, 10, 17, 22), Schoßharfe
Anita Weltzien · Sopran (#1, 4, 5, 8, 12, 13, 19), Glockenspiel, Psalterium
Lucia Laake · Sopran (#2, 4, 15, 18)
Werner Marschall · Counter-Tenor (#1, 7, 9, 10, 13, 15, 17, 19, 20)
Wilfried Staufenbiel · Bäriton (#1, 5, 7, 9, 13, 19), Tenorgambe, Schlagwerk: Röhrentrommel, Schellentrommel, Zimbeln
Hans-Martin Meckel · Blockflöten, Schalmei, Krummhorn, Psalterium
Egbert Schimmelpfennig · Fiedeln, Gamben, Schoßharfe
Christian Beuse · Dulcian, Drehleier
Gäste:
Klaus Feldmann · Knickhalslaute (#4, 7)
Sabine Ziegler · Blockflöte (#1)
Kurt Lommatzsch · Posaune alter Mensur (#15, 16)
Gotische Polyphonie
Die frühesten Stücke auf dieser Schallplatte sind ungefähr so alt wie die Stadt Berlin, d. h. wie die erste uns erhaltene urkundliche Erwähnung jener kleinen Ansiedlung am Spreeübergang eines Handelsweges inmitten von sumpfigen Niederungen und sandigen Hügeln. Zu dieser Zeit aber war Paris, die Wiege der gotischen Polyphonie, schon eine sehr große und sehr berühmte Stadt mit herrlichen Bauwerken und einer Universität, an der die akademische Jugend Europas zusammenströmte. In der gotischen Epoche zwischen dem ausgehenden 12. und dem beginnenden 15. Jahrhundert, in der das einst mächtige Byzanz zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft war, in der das gewaltige arabische Kalifat zerfallen und die slawischen Völker einer tödlichen Bedrohung durch Tataren, Türken, Ungarn und deutsche Ordensritter ausgesetzt waren, verlagerte sich der kulturelle Schwerpunkt nach Westeuropa, Frankreich, Italien und England erlebten einen enormen Aufschwung des Handels und des Finanzwesens. Entscheidende Neuerungen, wie Papier, Brille, Windmühle, mechanische Uhr und auch Schießpulver falten in diese Zeit und bezeugen den Willen und die Fähigkeit gelehrter Köpfe, die Weit gegen den erbitterten Widerstand übermächtigen Aberglaubens mit dem Verstand zu erobern. Dies ist der Boden, auf dem die Künste gediehen, auf dem insbesondere Architektur und Musik zu unerhörter Größe erblühten.
Die Technik des Musizierens mit mehr als einer Stimme ist uralt und bei allen Völkern verbreitet. Meist handelt es sich um Improvisationen durch Umspielen einer Stimme, durch Musizieren über einen liegenden Stimme (z.B. beim Dudelsack) oder durch den gleichzeitigen Vortrag einer Melodie in verschiedenen Lagen. Die beiden letzteren Techniken wurden Mittelalter seit dem 8. Jahrhundert theoretisch untersucht und auf ihre Eignung für den Kirchengesang praktisch erprobt. Die erhaltenen Zeugnisse dieser Bemühungen sind für uns nicht eindeutig lesbar, denn der Rhythmus konnte mit Hilfe der Notation nicht fixiert werden. Dies änderte sich im 13. Jahrhundert mit der Entwicklung der Mensuralnotation. Nun konnte sich die Satztechnik unabhängig von lokalen Traditionen entwickeln, und man begann, im heutigen Sinne zu komponieren.
Die wichtigste Form für diese Entwicklung während der ersten hundert Jahre, zur Zeit der sogenannten Ars antiqua, der "alten Kunst", war die Motette. Ihr Konstruktionsprinzip besteht darin, zu einer gegebenen, rhythmisch gegliederten Tonfolge (dem Tenor) eine oder mehrere Melodien zu komponieren, die möglichst eigenständig geformt sein sollten. Dieses cantus-firmus-Prinzip hat sich als überaus fruchtbar erwiesen. Für die Formung der neuen Stimmen dienten zunächst volkstümliche Lieder als Vorbild. Fünf der von uns eingespielten Motetten, die Num-mern 2, 4, 7, 8 und 10 dokumentieren die erstaunliche Meisterschaft, mit der diese Technik gehandhabt wurde. Die Eigenständigkeit jeder Stimme wurde zusätzlich dadurch betont, daß sie einen eigenen Text erhielt Zuweilen erklangen in einer Motette gleichzeitig verschiedene Sprachen.
Bei diesen Arbeiten machten die Komponisten zwei wichtige Entdeckungen: Zwischen benachbarten oder entfernteren Klängen stellten sich harmonische Beziehungen ein, die die Plastizität der Stimmen steigern oder mindern können. Das Verhältnis von Konsonanz und Dissonanz erwies sich als eine dialektische, wesentlich von der Harmonik abhängige Funktion der Stimmführung Unter gewissen Umständen können Konsonanzen banal, ja geradezu unangenehm wirken, während andererseits eine Folge von scharfen Dissonanzen den harmonischen Fluß vorantreiben kann. Ein Bespiel hierfür ist die dissonanzenreiche Motette Nr. 4.
Diese Erkenntnisse versetzten die Komponisten in die Lage, neuartige Melodieformen mit subtileren Ausdruckswerten in ihre Werke einzufügen und den Charakter der verschiedenen Stimmen weitergehend zu differenzieren. Dieses Stadium der Entwicklung wird auf unserer Schallplatte (s. Nr. 1, 5, 6, 9 und 11) repräsentiert.
Ihren Höhepunkt erreicht die gotische Motettenkunst in der nun folgenden Epoche der Ars nova, der "neuen Kunst", gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts. Die Harmonik, um die Klänge in weiter Lage bereichert, zeigt ein nie wieder erreichtes Gleichgewicht zwischen Dissonanz, perfekter (Quint, Oktav) und imperfekter (Terzen, Sexten) Konsonanz. Eine formale Struktur, scheinbar kühl errechnet, erweist sich beim Spiel als ein uns unbekanntes starkes Ausdrucksmittel. Die Melodik, getrieben von einem inneren Sog, einer unwiderstehlichen motorischen Kraft (heutzutage mit dem engl. Terminus "drive" bezeichnet), steigert sich im polyphonen Geflecht zu expressiver Glut. Die Welt der Ars-nova-Motette, auf unserer Schallplatte durch Nr. 15, 16 und 17 angedeutet, bildet das kostbarste Vermächtnis gotischer Polyphonie.
Neben der Motette wurden frühzeitig auch Kompositionstypen gepflegt, die auf den cantus firmus verzichten. Das künstlerische Risiko ungebundener Melodieerfindung in Verbindung mit freier Verfügbarkeit der Klangfolgen hat man hierbei mit sicherem Instinkt durch die Benutzung strenger literarischer Formen in Kompositionsprozeß eingegrenzt Rondeau, Ballade und Virelai, ursprünglich Tanzlieder, wurden im Laude des 14. Jahrhunderts zu Großformen, die in ihrer steigenden Beliebtheit und ihrer Bedeutung als Experimentierfeld für musikalische Neuerungen die Motette schließlich weit übertrafen.
Die heute verfügbaren Informationen über die gotische Musikpraxis sind äußerst lückenhaft. Vieles deutet darauf hin, daß an der Entwicklung der gotischen Mehrstimmigkeit fast alle europäischen Völker beteiligt waren, auch wenn die jeweilige Sprache in den Werken nicht in Erscheinung tritt.
Der deutsche Sprachraum erscheint mit eigenständigen Leistungen erst nach diesem Zeitabschnitt. Als ein Zeugnis der Anpassung international berühmter Kompositionen an die eigenen Wünsche und Möglichkeiten bringen wir die Adaption von Nr. 21 durch Oswald von Wolkenstein.
Von de großen Zahl gotischer Instrumentaltänze sind nur ganz wenige in mehrstimmiger Fassung auf uns gekommen. Zwei von ihnen (Nr. 3, 14) sollen unsere Anthologie abrunden. Die Quellen enthalten keine Aufzeichnungen von Perkussion. Sie wurde von uns hypothetisch ergänzt (ebenso bei Nr. 19).
Olaf Raitzig (1986)
Gotische Polyphonie (CD)
Die vorliegende CD beinhaltet frühe Formen mehrstimmiger Musik aus dem Zeitalter der Gotik. In Frankreich erlebte die polyphone Kompositionsweise während des 13. und 14. Jahrhunderts ihre erste große Blüte. Mehrstimmiges Musizieren findet man hei vielen Kulturen der Erde. Allerdings wurde diese Musizierpraxis meist immer mündlich tradiert, so daß sich über ihr Alter nur mutmaßen läßt.
Die frühesten schriftlichen Zeugnisse polyphoner Musik, die uns erhalten sind, stammen aus dem 9. Jahrhundert. Der anonyme Musiktraktat Musica enchiriadis aus Nordfrankreich beschreibt das Parallelsingen in Quinten und Quarten. Die dafür überlieferte Bezeichnung Organum legt eine Verbindung zum Mixturklang der Orgel nahe. In den großen musikalischen Zentren des Spätmittelalters, den Sängerschulen der Kathedralen von St. Martial de Limoges, Santiago de Compostela und vor allem Notre Dame de Paris, wurden die bis dahin improvisierten Organa weiterentwickelt und auskomponiert. Neben der alten Art des parallelen Singens in verschiedenen Lagen haben sich neue mehrstimmige Techniken ausgebildet: In der Haltetonfaktur wird ein dem Gregorianischen Choral entnommener Abschnitt in lange, orgelpunktartige Haltetöne gedehnt (cantus oder tenor), worüber sich in rascher Bewegung ein rhythmisch und melodisch freies, oft sehr virtuos geführtes Melisma entfaltet (discantus oder duplum). In der Discantusfaktur bewegen sich beide Stimmen etwa gleichschnell im Textrhythmus Note gegen Note, wobei die Stimmen nicht mehr nur parallel, sondern frei geführt werden.
Aus den Organa entwickelte sich um 1200 die Motette als eigenständige musikalische Form. Sie wurde im Laufe des 13. Jahrhunderts zur wichtigsten musikalischen Gattung. Charakteristisch ist die Textierung der Oberstimmen mit einem neuen Text, der zunächst lateinisch und geistlichen Inhalts, später dann auch französisch und mit weltlichem Inhalt, meist Liebeslyrik, war.
Die typische Doppelmotette der Ars antiqua (ca. 1250-1320) bestand aus einer choralführenden Tenorstimme und einem vokalen Duett zweier voneinander unabhängig geführten Oberstimmen. Die Eigenständigkeit der Stimmen wurde unterstrichen durch die verschiedenen, simultan erklingenden Texte, die in Versmaß, Sprachakzent und Strophenform unterschiedlich, mitunter auch mehrsprachig waren. Für die Gestaltung der neuen Stimmen dienten oft volkstümliche Lieder als Vorbild. So weist die Mehrzahl der Motetten weltliche Texte auf, wenngleich die Tenorpartien auch weiterhin meist dem Gregorianischen Choralrepertoire entnommen wurden.
Ihren Höhepunkt erreichte die gotische Polyphonie gegen Mitte des 14. Jahrhunderts, der Epoche der sogenannten Ars nova (ca. 1320-1380). Der Terminus ars nova wurde um 1325 als Gegenbegriff zur ars antiqua eingeführt und bezieht sich zunächst nur auf die Neuerungen in der Notenschrift. Durch die Einführung kleinerer Notenwerte und differenzierter Zeichen für jeden Notenwert wurde die präzise Notierung selbst kompliziertester Rhythmen möglich, was nachfolgend großen Einfluß auf die kompositorischen Entfaltungsmöglichkeiten hatte. Daß diese Neuerungen nicht überall begrüßt wurden, belegt ein päpstliches Dekret von 1324/25, demzufolge der neue Kompositionsstil aus den Gotteshäusern verbannt werden sollte. Wegen dieser konservativen Haltung der Kirche ließen sich die Komponisten an den Höfen anstellen. Die wichtigsten musikalischen Entwicklungen des 14. Jahrhunderts vollzogen sich in Frankreich deshalb im Bereich der weltlichen Musik. Verstärkt wandten sich die Komponisten nun den höfischen Liedformen Ballade, Rondeau und Virelai zu, die auf einen präexistenten cantus firmus verzichteten. Meist sind diese Stücke in der Art des mehrstimmig begleiteten Sologesang komponierten und weisen einen diskantbetonte Stil und eine kantable bis expressive Melodik auf.
Trotz der Beliebtheit dieser Refrainformen wurde die Motette weiterhin als anspruchsvolle und repräsentative Gattung gepflegt. Eine besonders kunstvolle Form musikalischer Konstruktionsweise wurde mit der Technik der Isorhythmie erreicht. In der isorhythmischen Motette ist die Melodie des im, Tenor verwendeten Choralausschnitts in rhythmisch gleiche, immer wiederkehrende Perioden unterteilt. Da die Melodie meist länger ist als das rhythmische Muster, können bei mehrfacher Wiederholung je nach Länge der streng durchgeführten rhythmischen und melodischen Perioden Überschneidungen entstehen, d.h. die Melodie wird bei jedem Durchlauf anders rhythmisiert. Dieses Strukturschema wurde auch auf die Oberstimmen übertragen. Die Spannung, die aus den divergierenden Periodenverläufen entsteht, steigert sich oft noch gegen Ende der Stücke, wenn der Tenor sein Thema diminuiert, also in doppelter Geschwindigkeit vorträgt. Ein Beispiel dieser architektonisch sehr kunstvollen Form ist auf dieser Einspielung vertreten (Nr. 17).
Über die Aufführungspraxis der Musik der Gotik besitzen wir nur lückenhafte Informationen. Zwar existiert eine Menge von bildlichen und schriftlichen Zeugnissen, die das Mitwirken von Instrumenten in der Vokalmusik belegen, jedoch ist über die Art der Besetzung und Ausführung nichts genaues überliefert. Als unstrittig gilt die instrumentale Stimmverdoppelung der orgelpunktartigen Tenorpartien. Auch legen untextierte Stimmen eine instrumentale Ausführung nahe. Reine Instrumentalstücke in mehrstimmiger Fassung sind aus der gotischen Zeit nur wenige erhalten. Zwei dieser raren Sätze sind in dieser Einspielung zu hören (Nr. 3 und 14). Perkussionsinstrumente wurden für diese Aufnahme hypothetisch ergänzt, ebenso die abwechslungsreiche instrumentale und vokale Ausführung der Stücke.
Susi Hudak
Gothic Polyphony (CD)
The present CD presents early forms of polyphonic music from the Gothic period. The first Golden Age of polyphony in France was during the thirteenth and fourteenth centuries. Polyphony has a place in the music of many cultures all around the world. However, since this form of music-making was mostly handed down by oral tradition, its true age is a matter of conjecture.
The earliest written examples of polyphonic music to have survived date from the ninth century. The anonymous musical treatise Musica enchiriadis from northern France describes the art of singing in parallel concordant intervals of fifths and fourths. Organum, the name used for this style, may well be connected with the locked parallel voices of organ mixtures. In the major musical centres of the pre-Renaissance age - the choir schools of the monastery of Saint-Martial de Limoges and of cathedrals like Santiago de Compostela and, most particularly, Notre Dame de Paris - the hitherto improvised organa underwent further development and were written down. In addition to the old style of parallel singing in various registers, new polyphonic techniques came into being. Organum came to refer to sections of Gregorian chant in long, sustained notes, in the manner of organ point (cantus or tenor), overlaid with faster moving, rhythmically and melodically free and often very virtuosic melismatic lines (discantus or duplum). Discant came to mean a style in which both parts move at about the same speed, note for note in the rhythm of the text, though the voices are no longer parallel but move independently.
The motet developed from the organum style around 1200 and established itself as an independent musical form. In the course of the thirteenth century it would in fact become the dominant musical form. It is characterized by the fact that a new text is given to the upper parts, at first in Latin and religious in content, but later also in French and of secular nature, largely in the form of erotic poetry.
The typical Ars Antiqua double motet (c1250-1320) comprised a tenor voice which carried the original plainsong and a vocal duet consisting of two upper parts which were independent of one another. The autonomy of the parts was underlined by giving them different, simultaneously sung texts, which contrasted in metre, accentuation and strophic form and which were sometimes even in different languages. Traditional songs often served as the models for these new parts. The majority of the motets therefore use secular texts, despite the fact that the tenor parts generally continued to be taken from the repertoire of Gregorian chant.
Gothic polyphony reached its climax toward the middle of the fourteenth century, during the Ars Nova era (about 1320-1380). The designation Ars Nova, as opposed to Ars Antiqua, was in use from around 1325 and initially referred only to notational innovations. By introducing smaller note values and refining the notational system, precise notation of even the most complicated rhythms became possible, a development which greatly enlarged the scope of composing for future generations. A papal decree of 1324/25, by which the new style of composition was to be banned from places of worship, shows that these innovations were not always welcome. This conservative attitude on the part of the church caused composers to seek alternative employment at the courts, which explains why the most important musical developments of the fourteenth century in France took place in the field of secular music. Increasingly, composers now turned to the courtly song forms which had no pre-existing cantus firmus, namely the ballade, the rondeau and the virelai. Most of these pieces were composed in the form of the solo song with polyphonic accompaniment and show a style which stresses the discantus and melodies ranging from the cantabile to the expressive.
In spite of the popularity of these refrain forms, the motet continued to be seen as a sophisticated and serious genre. A particularly elaborate form of musical structure was arrived at by using isorhythmic techniques. In the isorhythmic motet, the melody of the original plainsong passage used in the tenor is divided into rhythmically identical, recurring periods. Since the melody is mostly longer than the rhythmic pattern, the relative length of the strictly observed rhythmic and melodic periods may lead to overlapping after several repetitions, so that the rhythm of the melody is different each time. This structural scheme was also applied to the upper parts. The tension deriving from the varying length of the phrasal periods is often intensified toward the end of the pieces, when the tenor theme is subjected to diminution and so sung at twice the speed. An example of this very elaborate form is included on this recording (no. 17).
Our knowledge of the performing practice of Gothic music is rather sketchy. While a large number of pictorial and verbal records exist which verify the use of instruments to accompany vocal music, no exact information has come down to us as to instrumentation and execution. The doubling of the organ-point-like tenor parts with instruments is uncontentious. In addition, the existence of parts without words would seem to suggest the use of instruments. Very few purely instrumental pieces in polyphonic style have come down to us from the Gothic age. Two such rare pieces are to be heard on this recording (nos. 3 and 14). The percussion instruments used here to enhance the sound - and indeed the diverse instrumental and vocal combinations themselves - are based on conjecture.
Susi Hudak
(Translation: J & M Berridge)
1984
Studio Christuskirche, Berlin-Oberschöneweide
1986 | Eterna 8 27 956 (LP)
1986, 1999 | 'Berlin Classics' Eterna 0032122BC (CD)
medieval.org
discogs.com (LP)
worldcat.org (CD)
gotische-polyphonie.de