Lieder um Konrad von Würzburg. Minnesänger & Meistersinger / Andrea von Ramm et al.


IMAGEN

medieval.org
Christophorus  CD 74 542
musica practica MITTELALTER
mayo de 1987
St. Albankirche, Basel




01 - Barthel REGENBOGEN
Die meister habent wol gesungen  (im 'Langen Ton')   [2:05]
Gesang, Harfe, Garkleinflötlein

02 - Konrad von WÜRZBURG. Hofton   [8:53]
Ein hövescher hunt -
Dem adelam von Rôme -
Ein lob geblüemet vert -
Mir ist als ich niht lebende si
Gesang, Fidel, Garkleinflötlein, Zinnpfeife

03 - Rudolf von FENIS-NUENBURG
Nun ist niht mêre min dedinge    [3:28]
(Kontrafaktur nach dem Troubadour Peire VIDAL)
Gesang, Drehleier (S. Jones)

04 - FRAUENLOB (Heinrich von MEISSEN)
Gevîolierte blüete kunst   [2:13]
(Totenklage auf Konrad im 'Zarten Ton')
Gesang, Fidel, Drehleier (T.C. Nelson)

05 - Konrad von WÜRZBURG. Aspis-Ton   [4:50]
Aspis ein wurm geheizen ist -
Der karge rîche vert von hûs -
Nieman ist âne bresten gar
Gesang, Fidel, Drehleier

06 - GÖLI. Willekomen, sumerweter süeze!  [3:32]
Gesang, Rebec

07 - Lüpold HORNBURG. Von allen Singern  (in Marners 'Langem Ton')   [4:30]
Gesang, Fidel, sopranoblockflöte

08 - Konrad von WÜRZBURG. Morgenwîse   [6:10]
Winter uf der heide bluomen selwet -
Wart ie bezzer iht -
Daz die milten alsô früegen sterbent
Gesang, Fidel, Drehleier



fuentes:
melodías:
Jenaer Liederhandschrift, Universitätsbibliothek Jena Ms.E1.f.101
Kolmarer Liederhandschrift, München cgm 4997
zwei Doppelblätter der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt
textos:
Sehr, Edward Schröder (Hg.): Kleinere Dichtungen Konrads von Würzburg III: Die Klage der Kunst. Leiche, Lieder und Sprüche. Berlin 1926
Große Heidelberger Liederhandschrift, Universitätsbibliothek Heidelberg cpg 848
Hausbuch des Michael de Leone ("Würzburger Liederhandschrift"), Universitätsbibliothek München 2º cod.ms. 731
Karl Bartsch (Hg.): Die Schweizer Minnesänger. Frauenfeld 1886



IMAGEN


Andrea von Ramm, Gesang
Sterling Jones, Fidel, Rebec, Lira, Drehleier, Harfe
Timothy C. Nelson, Flöten, Zinnpfeife, Drehleier
Chistian Schmid-Cadalbert, Rezitation


Como se ve, medio Studio der frühen Musik.
Binkley estaba en otros proyectos en la que sería la última década de su fructífera vida.


      
1287 starb in Basel Meister Konrad von Würzburg, der bedeutendste deutsche Dichter seiner Zeit. Sein Sängerkollege Frauenlob (Meister Heinrich von Meissen, gestorben 1318), auch er von nichtadligem Stand, bedauert in einer über-schwenglichen Totenklage, daß mit dem "halt von Wirzeburc" die Kunst selber ins Grab gesunken sei. Der Spruchdichter Boppe (gestorben 1320) bittet Gott um das Seelenheil für den "erwelten meister wert", den Barthel Regenbogen (gestorben nach 1318) "den wisen" nennt. Lüpold Hornburg räumt Konrad noch um 1350 den Spitzenrang unter den sog. "zwölf alten Meistern" ein, zu denen er immerhin Wolfram, Reinmar und Neidhart zählt: "uf kunst der aller beste was von wirzeburg meister Cunrad". Dank dieser Emporstilisierung zu einem der zwölf legendären Begründer des Meistergesangs überdauerte Konrads Ruhm drei Jahrhunderte: Noch die späten Meistersinger pflegten seine Töne. Doch danach geriet er in Vergessenheit.

Während die sogenannte "staufische Klassik" (um 1180 bis etwa 1220) der Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg und Walther von der Vogelweide seit dem 19. Jahrhundert Eingang in Lesebücher und Nationalgefühl gefunden hat, trat das so umfangreiche wie vielseitige Werk des bürgerlichen Gelehrten Konrad kaum je aus Studierstuben und germanistischer Fachliteratur heraus. Überdies blieb er bis heute mit dem Stigma des Epigonentums sowie manierierter Formkunst behaftet. Sein durchaus zeittypischer Opportunismus - wirt schaftliche Grundvoraussetzung für den wohl ersten bürgerlichen Berufsdichter deutscher Zunge -,  sein ausgesprochener Hang zur Lehrhaftigkeit, seine politische Zurückhaltung sowie eine generelle Geringschätzung der nachstaufischen Umbruchszeit durch die nationalistisch gefärbte Geschichtsschreibung mögen für diesen Ansehensverlust verantwortlich gemacht werden.

Der krasse Wertungsunterschied erstaunt um so mehr, als sich der Generationenund Epochenwechsel zwischen Walther von der Vogelweide und Konrad in Würzburg gewissermaßen lokalisieren lassen. Gemäß einem nicht unglaubwürdigen Eintrag im Hausbuch des Würzburger Notars Michael de Leone (darin ist übrigens auch Hornburgs Sängerkatalog überliefert) soll Walther nämlich im Neumünster zur Würzburg begraben sein, just in jenem Stift also, wo Konrad am wahrscheinlichsten die Schulbank gedrückt hat.

Vielleicht nach einem Umweg über den Niederrhein und Straßburg dürfte Konrad um 1260 nach Basel übersiedelt sein, wo er seine außergewöhnlich gut bezeugten Auftraggeber fand: In der prosperierenden Bischofsstadt dichtete er für geistlichen wie weltlichen Adel, für reiche Bürger und auch für untereinander verfeindete Mäzene.

Anders als in Zürich, wo sich wenig später im sogenannten "Manessekreis" ein ausgeprägtes Interesse für Lyrik artikulieren sollte, war in Basel eher eine "epische Situation" gegeben. Konrads literaturgeschichtlicher Stellenwert ist denn auch - qualitativ wie quantitativ - durch sein umfangreiches episches Werk von über 85.000 erhaltenen Versen geprägt. Wie kein zweiter Dichter des deutschen Mittelalters meisterte Konrad dabei fast das gesamte Gattungsrepertoire zeitgenössischer Epik: Legende, Marienpreis, Märchenroman, antikisierendes Epos, Minnenovelle und - möglicherweise - sogar den derben Schwank.

Doch auch an seiner Lyrik erweist sich die Vielseitigkeit des Spruch- und Minnedichters, und dies besonders am "Hofton". Dieser Melodie, die mit erheblichen Unterschieden in der Jenaer Liederhandschrift (einer Spruchdichtungssammlung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts) und der Kolmarer Meisterliederhandschrift (um 1450) überliefert ist, hat Konrad die unterschiedlichsten Strophen unterlegt: eine gelehrte theologische Trinitätsspekulation, einen humorvollen Milte-Spruch in Gestalt eines Tierbispels ("Ein hövescher hunt"), ein mit Mariensymbolik gespicktes, "geblümtes" Lobgedicht auf "von Strâzeburc ein Liehtenberger" (wohl der Straßburger Bischof Konrad III. von Lichtenberg, vermutlicher Auftraggeber von Konrads Marienpreis "Die goldene Schmiede") und ein lebensfroh-melancholisches Memento mori ("Mir ist als ich niht lebende si"). Sogar ein heraldischer Preisspruch auf König Rudolf von Habsburg folgt dieser hfëlodie. Die Strophe, die Rudolfs Sieg über Ottokar von Böhmen in der Schlacht auf dem Marchfeld (1278) als Triumph des Reichsadlers über den böhmischen Löwen feiert, scheint überdies für Konrads politische Wendigkeit zu sprechen. Zuvor muß der Dichter nämlich, der als Hausbesitzer an feiner Adresse im Basler Münsterbezirk urkundlich bezeugt ist, Rudolfs langjährigem Widersacher, dem Basler Bischof Heinrich III. von Neuenburg, sehr nahegestanden sein. Dieser streitbare Stadtherr entstammte dem hochadligen Geschlecht der Fenis-Neuenburg, das schon vor Heinrich zwei bedeutende Basler Bischöfe und den Minnesänger Rudolf von Fenis hervorgebracht hatte. Als Graf von Neuchâtel Herr über romanische wie deutsche Gebiete, trug Rudolf von Fenis um 1190 - gänzlich provenzalischen Mustern und Melodien verpflichtet - zu jenem klassischen Minnesang bei, dessen ausgeklügeltes Rollenspiel schon bald von Walther und Neidhart parodiert werden sollte. Zwei Generationen nach Walther, bei Konrad von Würzburg, hat sich der Minnesang zum didaktischen Minnespruch gewandelt (vgl. etwa "Wart ie bezzer iht für ungemüete"): Das Ende des Minnesangs und die Anfänge des Meistergesangs fallen in Konrad gleichsam zusammen.

Von den 32 im Wortlaut erhaltenen Tönen Konrads sind uns leider nur drei mit ihrer Melodie überliefert: Hofton, AspisTon und "morgenwise". Noch ungünstiger steht es um das Werk seiner Basler Sängerkollegen: Die Lieder von Graf Walther von Klingen (gestorben 1286), seines Dienstmannes Bertolt Stemmar und seines wahrscheinlichen Schwiegersohnes von Gliers sind nur dank der Großen Heidelberger Liederhandschrift C (der "Manessischen") , die keine Melodien wiedergibt, auf uns gekommen. Immerhin läßt sich Gölis Sommerlied aufgrund eines niederrheinischen Fragments rekonstruieren. Dieses Tanzlied in Neidharts Manier erwähnt einen "Kuonze der weibel" und eine "vrou 3éle", die sich vielleicht mit dem Basler Stadtweibel (bezeugt als "Conradus dicto Rifo") und Sibila, der Frau des 1254-1276 in Basel urkundlich greifbaren Diethelmus Goli identifizieren lassen. Aus den noch immer spärlichen urkundlichen Nachrichten über die oberdeutschen Dichter zu Beginn des Spätmittelalters lasen sich nur unscharf konturierte Lebensbilder umreißen.

Auch über Meister Konrad von Würzburg selbst kann - trotz seines immensen Oeuvres - nur wenig Definitives ausgesagt werden. Wie seine Lieder geklungen haben mögen, versucht diese Aufnahme anzudeuten.
Hansmartin Siegrist



Meister Konrad von Würzburg, the most important German poet of his time, died in Basle in 1287. His singer colleague Frauenlob (Meister Heinrich von Meissen, died 1318), likewise not of noble birth, expresses in an effusive death lamentation his regret that with the "hero of Würzburg" ("helt von Wirzeburc") the art itself had sunk into the grave. The medieval author of didactic poetry (Spruchdichter) Boppe (died 1320) beseeches God for spiritual salvation for "the outstanding and well-respected master" ("erwelten meister wert"), who was called "the Wise" ("den wîsen") by Barthel Regenbogen (died after 1318). Even as late as ca. 1350, Lüpold Hornburg gives Konrad the highest rank among the so-called "twelve old masters", to which he still included Wolfram, Reinmar and Neidhart: "the very best art was from Master Konrad von Würzburg" ("uf kunst der aller beste was von wirzeburg meister Cunrad"). Thanks to this stylization exalting him as one of the twelve legendary founders of Meistergesang, Konrad's fame survived three centuries: his Töne (plural of "Ton" = verse form plus its melody) were still being used by the late Meistersingers. After this, however, he sank into oblivion.

While the so-called "Staufen Classic" (ca. 1180 until ca. 1220), represented by Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg and Walther von der Vogelweide, found its way into readers and stirred up patriotic feelings since the nineteenth century, the so comprehensive and versatile work of the bourgeois scholar Konrad very rarely found its way out of scholars' studies and the special literature of Germanists. Furthermore, it remains bound even today to the stigma of being epigonic as well as mannered formal art. His opportunism, quite typical for that time and which was the basic economic prerequisite for perhaps the very first professional bourgeois poet of the German tongue, his pronounced tendency towards didactics, his political reserve, and a general disparagement of the post-Staufen age of radical change generated by a nationalistically biased view of history may be considered responsible for this loss of prestige.

The glaring contrast in the assessment of Konrad is that much more astonishing as it is possible to a certain extent to pinpoint geographically the generation and epochal change between Walther von der Vogelweide and Konrad von Würzburg. According to a by no means dubious entry in the housekeeping book of the Würzburg notary Michael de Leone (which, incidentally, also includes the transmission of Hornburg's catalogue of singers), Walther is supposedly to have been buried in Neumünster in Würzburg, i.e. that monastery where Konrad most probably attended school.

It was perhaps after a detour around the Lower Rhine and Strasbourg that Konrad moved around 1260 to Basle, where he found his extraordinarily well documented patrons. In the prospering episcopal city he wrote poetry for ecclesiastical and secular nobility, for the rich bourgeois as well as for patrons on inimical terms with one another. In contrast to Zürich, where shortly thereafter the socalled "Manessekreis" (circle of nobility named after R. Manesse) would articulate a pronounced interest in lyric, there existed in Basle a somewhat more "epic situation". Thus, with respect to quality as well as quantity, Konrad's place in literary history is characterized by his comprehensive epic works which encompass over 85,000 extant lines. Unlike any other poet of the German Middle Ages, Konrad mastered in this manner nearly the entire repertoire of contemporary epic genres: the legend, poetry in praise of the Virgin Mary, the fairy tale novel, the epos in classical style, the Minne novella and (perhaps) even the crude comical tale (Schwank).

Yet, the versatility of the poet of didactic texts with political or social themes and courtly love songs (Spruchund Minnedichter) can also be observed in his lyric, especially in the "Hofton". This melody, which is transmitted with considerable variants in the Jenaer Liederhandschrift (a collection of Spruchdichtung dating from the middle of the 14th century) and the Colmarer Meisterliederhandschrift (ca. 1450), was underlaid by Konrad with the most varied stanzas: a learned theological speculation on the Trinity, a humorous poem about generosity (Milte) in the form of an animal fable (Tierbispel) entitled "A Courtly Dog" ("Ein hövescher hunt"), a "flowery" poem sprinkled with Marian symbolism in praise of a Lichtenburger from Strasbourg ("von Strazeburc ein Liehtenberger"; this refers most likely to the Strasbourg bishop Konrad III von Lichtenberg, who was presumably the patron of Konrad's poem "Die Goldene Schmiede" praising the Virgin Mary) and a zesty-melancholy Memento mori "I feel as if I hadn't lived" ("Mir ist als ich niht lebende si"). Even a heraldic poem of praise honouring King Rudolf von Habsburg can be sung to this melody. Furthermore, the stanza which celebrates Rudolf's victory over Ottokar of Bohemia in the Battle on the Marchfeld (1278) as a triumph of the imperial eagle over the Bohemian lion might be considered evidence of Konrad's political adaptability. For at some point earlier, the poet (who ist recorded as a home owner at a fine address in Basle's cathedral quarter) must have had very close contact with Rudolf's long-standing adversary, the Basle bishop Henry III of Neuenburg. This pugnacious city nobleman belonged to the aristocratic lineage of FenisNeuenburg which, prior to Heinrich, had brought forth two significant bishops and the Minnesinger Rudolf von Fenis. As Count of Neuchâtel, Rudolf von Fenis was lord over Romance as well as German regions and around 1190, wholly committed to Provencal models and melodies, he contributed to that classical~ Minnesang whose cleverly thought-out role-playing soon became the subject of parody for Walther and Neidhart. Two generations after Walther, in the works of Konrad von Würzburg, Minnesang underwent a transformation to the didactic Minnespruch, as exemplified by "Was there ever a better cure for sadness and melancholy" ("Wart is bezzer iht für ungemüete"). The end of Minnesang and the beginning of Meistergesang are both represented, so to speak, in Konrad.

Of the 32 Tone by Konrad whose texts have been transmitted, there are unfortunately only three with extant melodies: Hofton, Aspis-Ton and "morgenwise". Even less favourable is the situation when it comes to the transmission of the works of his Basle singer colleagues: it is thanks only to the Große Heidelberger Liederhandschrift C (The "Manessische"), which does not contain any melodies, that the songs of Count Walther von Klingen (died 1286), his vassal Bertolt Steinmar and von Gliers (most likely his son-in-law) have come down to us. All the same, it is possible to reconstruct Goeli's Sommerlied (Summer Song) on the basis of a Lower Rhine fragment. This Tanzlied (song accompanying a dance) in the style of Neidhart mentions a "Kuonze der weibel" and a "vrou Béle", who might perhaps be identified as the Basle Stadtweibel (documented as "Conradus dicto Rifo") and Sibila, the wife of Diehelmus Goli, whose presence in Basle between 1254-1276 can be authenticated. From the sparse documentation hitherto available concerning the Upper German poets at the beginning of the late Middle Ages, it is not possible to make more than indistinct outlines of their biographies.

It is likewise difficult to say much conclusive about Meister Konrad von Würzburg himself - despite his immense body of works. An attempt to reconstruct how his songs may have sounded, however, has been made with this recording.
Hansmartin Siegrist
(Translation: Beverly J. Sing)